PRESSETEXT
Berlin Painting, Galerie Michael Schneider, Bonn
Autoren: Veruschka Vogt und Michael Schneider
Das Leben im Augenblick
Der Künstler Max Diel, der in Amsterdam und Berlin - wo er heute lebt -
studierte, entwickelt seit seinem Abschluss als Meisterschüler eine ganz
eigene, besondere Ausprägung figurativer Malerei. Auf Leinwand und Papier,
teils collagiert und als Assemblage, entstehen weniger surreale oder
expressive Bilder, als vielmehr Werke, die sich ganz und gar auf ihren
Anlass konzentrieren: Es ist der einzelne Augenblick, den sie mit einer
besonderen Intensität aufladen - indem sie die Magie, die ihm innewohnt und
die sich in einem Moment des Stillstands offenbart, zu Tage treten lassen.
In ihrer Wirkung wird diese Magie durch den präzise gewählten Bildausschnitt
noch verstärkt.
Der Betrachter sieht sich mit einer Art Standbild, einem eingefrorenen
Schnitt oder mit einem heran gezoomten Detail, wie er es aus dem Film kennt,
konfrontiert. Die Bildgegenstände werden häufig überschnitten und teilweise
fragmentarisiert, Malspuren bleiben offen sichtbar und werden motivisch
integriert. Das Verhältnis der Flächen zeigt Bezugnahmen von Valloton bis
hin zur Malerei der achtziger Jahre. Dabei gelingen Max Diel - auch in den
immer wieder aufgegriffenen Wassermotiven - Vexierbilder. Es sind
Kippmotive, die eben noch ganz fassbar und konkret waren, sich im nächsten
Moment aber dem Begrifflichen entziehen und auf diese Weise die Sicht auf
eine andere Bedeutung freigeben. In seinen Vexierbildern lädt Diel die
scheinbaren Gegensätze zwischen figurativer und freier Malerei zur
Versöhnung.
Ein ruhiger Blick in der Unruhe
Nachdem er bereits in früheren Arbeiten immer wieder den Augenblick in
eindrucksvoll-rätselhaften wie dramatisch aufgeladenen Motiven festgehalten
hat, bereitet die neue Werkserie vor den Augen des Betrachters eine ganze
Welt in Momentaufnahmen aus.
’Seine jüngsten Arbeiten liefern ein vitales Bild junger Malerei, die alle
engmaschigen Theorien beiseite räumt, den unmittelbaren Blick (...) gefunden
hat und sich der unglaublichen Vielfalt des heutigen Lebens mit jeder Faser
annimmt.OE (Ralf F. Hartmann). Mit seinem Blick für den einzelnen Augenblick
bezieht Max Diel eine ganz eigene Position jenseits von neuer Romantik oder
utopischen Gegenentwürfen zur fremd gewordenen Umwelt. Hier der Moment, in
dem eine ganze Geschichte zum Ausdruck kommt oder in dem sich auch alles
Bisherige ändern kann - und auf ihn gerichtet ist dieser unbeirrte, ruhige
Blick, der das Wesentliche des Augenblicks vor seinem Vergehen erfasst und
bewahrt - das ist es, womit Max Diel unserer heutigen Unruhe begegnet.
Das Magazin “Kunstforum International³ publizierte jüngst unter der
Fragestellung “Leipzig - Das Tor zur Malerei?³ einen umfangreichen Beitrag
zur sogenannten Neuen Leipziger Schule. (Bd. 176 Juni-August 2005) Die
Tatsache, dass die Rahmenbedingungen des Kunstbetriebes eine starke
Fokussierung auf die Leipziger Malerei erleichtern, sollte jedoch nicht dazu
führen, die starke Präsenz von Gegenständlichkeit und Narrativem besonders
in der Generation der um 1970 geborenen Künstler/innen auch im übrigen
Deutschland zu übersehen. Im Diskurs zeitgenössischer Malerei besetzt Max
Diel eine herausragende Position. Und nachdem er Ende 2004/Anfang 2005 in
New York mit “German Painting³ vertreten war, lautet der Titel seiner
aktuellen Ausstellung in der Galerie Schneider, Bonn, ganz bewusst “Berlin
Painting".
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