PRESSESPIEGEL
Bonner General-Anzeiger. 29. September 2005.
S. 21 (Feuilleton)
Gemalte Schrecksekunde
AUSSTELLUNG Max Diel bei Schneider
Von Christina zu Mecklenburg
GALERIE SCHNEIDER. Das Porträt bricht dort ab, wo die Halspartie von „Zeta-Jones" in den Kinnbereich mündet. Anstelle eines Bildnisses im traditionellen Sinn porträtiert Max Diel vielmehr eine weit geschwungene Schulterpartie, bedeckt von einem mutmaßlich authentischen Tigerfellkragen. Das per Collage applizierte Tigerfellmuster feiert sein Comeback im Umkreis eines Magiers im Bild „Alchemistenfrühstück" . Der irritierende und spannungsgeladene Bildkosmos des 1971 in Freiburg geborenen Malers beginnt mit konkreten, gleichwohl nur in Bruchstücken angerissenen Situationen oder rätselhaft isolierten Motiven („Avokado"). Mit Wirklichkeitsrelikten, fragwürdigen uneindeutigen Bildinhalten, offenen Bildgrenzen und einer magnetisch anziehenden Schattenwelt stachelt der Berliner Meisterschüler Diel in treffsicherer Manier zunächst Vorstellungskraft und Spekulationsvermögen an.
Das faszinierende Gemäldepanorama „Berlin Painting" offenbart in der bereits dritten Einzelausstellung bei Michael Schneider gleichwohl ein prächtiges Kaleidoskop dramaturgischer Kniffe und malerischer Brillanz.
Grundstock des Malers bildet ein ständig wachsendes Archiv von Ausschnitten aus Magazinen, Kunstprospekten und privaten Fotografien. Das Gegenständliche ist Vorwand, Antriebsfeder für fantastisch, poetisch oder sakral angehauchte Kurzgeschichten. Filmische und fotografische Techniken wie Weitwinkel und Zoom erhalten ihr malerisches Pendant.
Durch überdimensionale Schilfrohre hinweg fällt der Blick auf eine Wassernixe namens "Franzi", die im mondbeschienenen See offensichtlich verzweifelt ihre Arme in die Höhe reckt. Schrecksekunden, Pattsituationen „.Karl"), vermeintliche Wendepunkte oder seltsam andächtige Augenblicke der Stille ( „Hidden") zählen zu den favorisierten Themen des in Berlin lebenden Künstlers.
Längst haben sich Schlüsselrequisiten, wie Hüte, Schleier, Handschuhe, ornamentale Muster und geometrische Raster herauskristallisiert. Eine dominante Rolle spielen Wasseroberflächen, obskure Spiegelungen sowie eine vielfach unwirkliche Licht-Schattenregie.