PRESSESPIEGEL
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15.04.2000
Seite: Kunstmarkt Autorin: Susanne Henle

GAS GEBEN: JUNGE KUNST BEI SCHNEIDER IN BONN

Wer an der künstlerischen Kraft der "Generation Golf" zweifelt, kann sich bei Michael Schneider in Bonn Zuversicht holen. Die beiden Künstler, die der einunddreißigjährige Galerist zur Zeit präsentiert, sind nach 1970 geboren: Raven Schlossberg 1973 in Kalifornien, Max Diel 1971 in Freiburg. Beide vertreten individuelle, wiedererkennbare Positionen jenseits konzeptueller Klimzüge und marktgängiger Sensationen. Beide arbeiten an einer bildnerischen Dichte, die das visuelle Gedächtnis über den Tag hinaus belebt. Raven Schlossberg bietet den Augen eine Entdeckungsreise. Auf weichen, bedruckten oder gesteppten Kunststoffträgern überlappen und durchdringen sich eingeklebte Bilder und locker gezeichnete Elemente. Die Augenreise führt in die Vergangenheit: kindliche Sehnsüchte werden geweckt, da Szenen aus alten Bilderbüchern und Illustrierten auftauchen, doch bleiben sie Bruchstücke mit verborgenem Sinn. Überall schiebt sich die gezeichnete Figur eines bemützten Clowns dazwischen. Dieser ironische Betrachter vervielfältigt sich quälend, vertausendfacht sich zu dicht an dicht gedrängtem Gewimmel. Schlossbergs vibrierende, bunte, zugleich lockende und abschreckende Bilderwelt wird genährt durch Eindrücke aus den Straßen New Yorks, wo die Künstlerin lebt. Während dies bereits die zweite Einzelausstellung Schlossbergs bei Schneider ist, stellt Max Diel zum ersten Mal dort aus. Auch seine großformatigen, figürlichen Szenen verschränken Äußeres und Inneres. Zwei "Treppenbilder" Diels durchbrechen das Rechteck, springen mit eincollagierten - das heißt in diesem Fall ausgesägten und angeschraubten - Holzplatten in den realen Raum. Die gemalte Treppe setzt die reale Treppe fort, auf der der Betrachter steht als Zeuge einer spannungsvollen Szenerie. Diels Figuren sind wie aufgeladen mit Bewegung; Emotionen teilen sich mit. Intensität ist das Ziel dieses Malers.

Unsere Abbildung zeigt seine Montage "Divorce (Scheidung)" von 1998 (4600 Mark) Michael Schneider hat seine Galerie in Bad Godesberg vor fünf jahren gegründet - weit ab vom Kölner Vernissagerummel also. Doch seine kontinuierliche Arbeit macht sich inzwischen bezahlt. Anschubfinanzierung für die ganz jungen Künstler liefern Arbeiten bereits "durchgesetzter" Kollegen. Seine wichtigste Aufgabe sieht Schneider in der klassischen Galeristenarbeit: den noch unbekannten Künstlern, meist sind es Maler, ein erstes Forum zu bieten. (Die Mischtechniken auf Vinyl von Raven Schlossberg kosten bis zu 11 300 Mark, ihre Papierarbeiten bis 750 Mark. Die "Montagen" von Max Diel kosten bis zu 4600 Mark, seine Zeichnungen bis zu 520 Mark.) (Bis 23. April) SUSANNE HENLE